Hallo <<dein vorname>>,
nach einer etwas längeren Pause liest du jetzt die fünfte Ausgabe von Deng Newsletter. Diesmal geht es um Hanau und um die andauernde rassistische Gewalt in Deutschland. Außerdem um die Situation von queeren Menschen in Ghana, und Abtreibungsgesetze bzw. -verbote in Polen, El Salvador und Kolumbien.
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Erinnern heißt Kämpfen - Zwei Jahre nach Hanau:
Am Samstag jährte sich zum zweiten Mal der rassistische Anschlag in Hanau, der neun Menschen aus dem Leben riss. Ihre Namen waren Hamza Kurtović, Said Nesar Hashemi, Vili Viorel Păun, Mercedes Kierpacz, Kaloyan Velkov, Ferhat Unvar, Fatih Saraçoğlu, Sedat Gürbüz und Gökhan Gültekin. Seit ihrer Ermordung am 19. Februar 2020 kämpfen die Angehörigen, Überlebenden, Freund*innen und Unterstützer*innen unermüdlich für Aufklärung, Erinnerung, Konsequenzen und Gerechtigkeit. Durch ihre Arbeit wurde die lange Kette des Versagens der Polizei und Behörden vor, während und nach dem Anschlag in Hanau nachgezeichnet. Nach zwei Jahren sind die Forderungen noch immer aktuell und der Kampf für Aufklärung und Gerechtigkeit geht weiter. Am Jahrestag sind auch in diesem Jahr Menschen in Hanau und in vielen anderen Städten auf die Straßen gegangen, um an die Ermordeten zu erinnern. Den Aufruf und die Erklärung der „Initiative 19. Februar“ anlässlich des Jahrestags könnt ihr hier lesen. An dieser Stelle noch einige weitere Links, falls ihr euch und euer Umfeld informieren wollt:
-> Newsletter der „Initiative 19. Februar“ zum Untersuchungsausschuss am Hessischen Landtag in Wiesbaden
-> Dokumentation der Rosa-Luxemburg-Stiftung: „Nach dem Anschlag von Hanau: Ferhats Kampf“ - Gespräch mit Serpil Temiz Unvar über die von ihr gegründete antirassistische Bildungsinitiative Ferhat Unvar (Türkisch mit deutschen Untertiteln)
-> Beitrag des Feministischen Romnja Archivs RomaniPhen über Mercedes Kierpacz
-> Artikel: „Hört ihr noch zu?“ - Zwei Jahre nach Hanau kämpfen die Hinterbliebenen weiter für ihre zentralen Forderungen: Erinnerung, Aufklärung, Gerechtigkeit, Konsequenzen – von Dîlan Karacadağ
-> Podcastfolge: „Zwei Jahre danach – Hanau Untersuchungsausschuss“ - Sham Jaff berichtet vom Hanau-Untersuchungsausschuss im Hessischen Landtag und spricht darüber mit Familienangehörigen
Nicht nur am Jahrestag sollten wir an die Opfer des Anschlags erinnern. Wenn wir sagen „Erinnern heißt Kämpfen“, muss das auch bedeuten, den Kampf gegen rassistische Gewalt und Faschismus jeden Tag voranzutreiben, wo wir können, und dafür zu sorgen, dass die Namen von Hamza, Vili Viorel, Mercedes, Said Nesar, Kaloyan, Gökhan, Ferhat, Sedat und Fatih niemals vergessen werden. Ihr könnt außerdem finanzielle Unterstützung leisten, in dem ihr zum Beispiel an die Initiative 19. Februar oder an die Bildungsinitiative Ferhat Unvar spendet.
Rassistischer Angriff in Berlin - Solidarität mit Dîlan!
Dîlan ist nicht alleine! Am 5. Februar wurde die 17-jährige Dîlan Sözeri an der S-Bahn-Station Greifswalder Straße in Berlin von mehreren Personen rassistisch beleidigt und verprügelt. Kein Mensch war ihr zur Hilfe gekommen. Medial wurde der Angriff auf Dîlan zunächst so aufgegriffen, als sei Dîlan Maskenverweigerin gewesen. Der Rassismus wurde überhaupt nicht thematisiert. In einem Video-Statement auf Instagram, das sie aus dem Krankenhaus aufnahm, machte sie daraufhin deutlich, dass es sich um einen rassistischen Übergriff handelte. Am Sonntag hat in Berlin eine Solidaritätskundgebung für Dîlan stattgefunden, bei der sie selbst anwesend war und eine sehr starke Rede gehalten hat. Die Rede könnt ihr euch hier anhören. Der Fall von Dîlan führt uns die brutale Realität rassistischer Gewalt in Deutschland vor Augen. Rassistische Übergriffe passieren tagtäglich und kommen in den meisten Fällen vermutlich nicht einmal an die Öffentlichkeit. Dîlans Worten kann man sich nur anschließen, wenn sie sagt, dass wir Rassisten den Kampf ansagen müssen und alle zusammen entschlossen gegen Faschismus kämpfen müssen.
Abtreibungsverbot in Polen hat zu einem weiteren Todesfall geführt
Weiterer Todesfall nach Abtreibungsverbot in Polen: Polen hat letztes Jahr ein nahezu vollständiges Abtreibungsverbot eingeführt. Das hatte bereits im Oktober zum Tod der 30-jährigen Schwangeren Izabela S. geführt. Obwohl der Fötus nicht überlebensfähig war, weigerten sich die Ärzte, ihr zu helfen, woraufhin sie an einem septischen Schock verstarb. Durch einen Abbruch der Schwangerschaft hätte sie gerettet werden können. Nun ist es am 25. Januar erneut zu einem ähnlichen Todesfall gekommen. Die 37-jährige Agnieszka war mit Zwillingen schwanger, aber einer der Föten zeigte kein Lebenszeichen mehr. Nachdem 7 Tage lang nicht eingegriffen wurde, starb auch der zweite Fötus, und schließlich Agnieszka selbst, auch an einer Sepsis. Die Angehörigen der Verstorbenen schreiben in einem Appell: „Wir fordern Gerechtigkeit für den Tod unserer verstorbenen Frau, Mutter, Schwester und Freundin. Dies ist ein weiterer Beweis dafür, dass die herrschenden Regierungen Blut an ihren Händen haben. Wieder einmal ist eine schwangere, unschuldige junge Frau, Mutter und Ehefrau gestorben und hat drei Kinder zurückgelassen, deren Mama nie wieder nach Hause kommen wird.“ Falls ihr die Lage in Polen verfolgen wollt, könnt ihr über das queerfeministische Kollektiv Dziewuchy informiert bleiben.
El Salvador: wegen Fehlgeburt Angeklagte nach 10 Jahren frei
El Salvador – Freilassungen nach Gefängnisstrafen wegen Fehlgeburt: Nach über 10 Jahren ist Elsy, die damals als 28-jährige alleinerziehende Mutter wegen einer Fehlgeburt zu 30 Jahren Haft verurteilt wurde, freigelassen worden. Als sie wegen Komplikationen während ihrer Schwangerschaft Hilfe gesucht hatte, wurde sie wegen Verdachts auf Abtreibung verhaftet und verurteilt. Seit Dezember wurden mehrere wegen Fehlgeburten verurteilte Frauen in El Salvador aus dem Gefängnis entlassen. Sie alle waren wegen „schweren Mordes“ angeklagt. Fast 200 Frauen erlitten in den letzten zwei Jahrzehnten dieses Schicksal. Minderjährige sowie Opfer von sexualisierter Gewalt sind vom strikten Abtreibungsverbot in El Salvador, wo nach Gesetz angeblich „menschliches Leben ab Empfängnis“ geschützt werden soll, nicht ausgenommen.
Legalisierung von Abtreibungen in Kolumbien
Gute Nachrichten aus Kolumbien: In Kolumbien hat das Verfassungsgericht Abtreibungen bis zur 24. Schwangerschaftswoche legalisiert. Zuvor waren Schwangerschaftsabbrüche nur sehr eingeschränkt möglich, zum Beispiel nach sexualisierter Gewalt, Lebensunfähigkeit des Fötus oder Lebensgefahr der schwangeren Person. Schätzungen zufolge sollen in Kolumbien infolgedessen jedes Jahr hunderttausende heimliche Abbrüche durchgeführt worden sein, worunter insbesondere ärmere Betroffene litten. Durch Abtreibungsverbote finden nicht weniger Abtreibungen statt als vorher, sie führen lediglich dazu, dass Betroffene sie unter erschwerten und gefährlicheren Bedingungen durchführen lassen und dabei teilweise auch Todesgefahr riskieren.
In Ghana droht verschärfte Kriminalisierung der LGBTIQ-Community
Gesetzesentwurf könnte die Situation für LGBTIQ in Ghana verschlimmern: Im November wurde in Ghana ein Gesetzesentwurf unter dem Namen „Family Values Bill“ - dt. „Familienwertegesetz“ - vorgelegt, das bis zu zehn Jahre Gefängnis für den Einsatz für die Anliegen queerer Menschen vorsieht, sowie zwischen drei bis fünf Jahre für Menschen, die geschlechtsangleichende Maßnahmen (z.B. OPs) durchführen lassen. Dieses Gesetz könnte außerdem zu sogenannten „Konversionstherapien" zwingen. Wie der Name bereits sagt, wird der Gesetzesentwurf mit der angeblichen „Wahrung von Familienwerten" begründet. Sollte der Gesetzesentwurf durchgehen, wäre das ein massiver Rückschlag in den Rechten von LGBTIQ in Ghana, die ohnehin schon Anfeindungen und Kriminalisierung ausgesetzt sind. In einem Videobeitrag spricht die Aktivistin Va-Bene Elikem Fiatsi über den Gesetzesentwurf und alltägliche Diskriminierung, die sie als trans Frau in ihrem Umfeld erfährt.
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Hinweise und Empfehlungen:
Artikel - „Auch sie sind deutsche Geschichte“: Meret Weber und Elif Küçük stellen anlässlich des Black History Month sieben Schwarze Menschen vor, die Teil deutscher Geschichte sind und die man kennen sollte. Hier geht es zum Beitrag.
Petition – Justice for Doski Azad: Am 31. Januar wurde die 23-jährige trans Frau Doski Azad in Südkurdistan von ihrem Bruder ermordet. Aktivist*innen fordern in einer Petition von der Regierung eine Untersuchung des Falls sowie Konsequenzen. Hier könnt ihr sie unterzeichnen.
#EndEndoSilence: Als letztes möchte ich noch auf ein wichtiges Thema aufmerksam machen: Endometriose. Endometriose ist eine chronische Erkrankung, bei der Gewebe, welches der Gebärmutterschleimhaut ähnelt, außerhalb des Uterus vorkommt. Von Endometriose Betroffene – allein in Deutschland sind das etwa zwei Millionen Menschen - leiden oft unter sehr starken Schmerzen und es dauert teilweise viele Jahre, bis es zu einer Diagnose kommt. Das ist unter anderem auf mangelnde, unterfinanzierte Forschung zurückzuführen. Eine von einer Betroffenen gestartete Petition fordert eine „Nationale Strategie Endometriose“, die eine Aufklärungskampagne, mehr Fördergelder für die Forschung und einen „Aktionsplan geschlechtergerechte Medizin“ beinhaltet. Unter diesem Link könnt ihr den Aufruf zur Petition lesen und sie unterzeichnen.
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Und das war's auch schon für diese Ausgabe.
An dieser Stelle auch noch ein Dankeschön an alle, die in den letzten Wochen den Newsletter mit Spenden unterstützt haben.
Falls ihr Kritik, Feedback oder Fragen habt, könnt ihr jederzeit eine Mail schreiben oder über Insta oder Twitter Kontakt aufnehmen.
Bis zum nächsten Mal!
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